Queen Elisabeth 2.

Queen´s Birthday Party, Queen Elizabeth II. und Prinz Philip in der Residenz des britischen Botschafter in Berlin zur Feier des Geburtstag der Koenigin von Grossbritannien, mit Buergern u.a. Martin Lengemann, Fotograf, Copyright: DAVIDS/Buddy Bartelsen, 25.06.2015

Copyright: Buddy Bartelsen/impresspicture.com, 25.06.2015

 

Das Projekt „Die Narbe“ wurde mit einer Einladung des Initiators Martin U. K. Lengemann zur offiziellen Geburtstagsparty der Queen geehrt. Lesen Sie hierzu Lengemanns Beitrag in Die Welt:

Der Tag an dem ich der Queen begegnete

Der Fotograf der „Welt“ tritt vor die Linse: Er wurde aus 1300 Nominierten ausgewählt, die sich um das Deutsch-Britische Verhältnis bemühen. So durfte er der Queen auf ihrer Gartenparty begegnen.

Was für eine Aufregung im Vorfeld! Und dann ist sie plötzlich da. Die Queen bahnt sich langsam und geduldig den Weg durch den Garten der Residenz des Britischen Botschafters in Berlin. Vereinzelt gibt sie den Menschen die Hand, verweilt einen Augenblick bei Ihnen, richtet das Wort an sie, hört ihnen geduldig zu, wenn ihre Gegenüber mehr oder wenig aufgeregt ihre Herzen ausschütten.

Fünf Schritte dahinter, Prinz Philip. Als sie auf Höhe meiner Frau und mir ankommt, schaue ich ihr in die Augen, unsere Blicke treffen sich, ein verbindliches, leicht schelmisches Lächeln huscht über ihr Gesicht, zahlreiche Kameras klicken, dann geht sie schon weiter und entschwindet aus meinem Blickfeld. Kaum Zeit, einen Gedanken zu fassen, da greift schon Bundespräsident Gauck nach meiner Hand, schaut mir fest ins Gesicht und sagt, „schön, dass Sie gekommen sind.“

Dann begrüßt er meine Frau, und Frau Schadt schüttelt meine Hand. „Was für ein wunderbarer Garten“, sagt sie und „was für ein schöner Tag“. Sie spricht noch ein paar Worte mit meiner Frau, und dann sind auch diese beiden wieder verschwunden. Ein wunderbar entspannter Abend, eine herrliche Gartenparty.

Es wird Pimm’s, ein britisches Mixgetränk mit Früchten und Likör gereicht, Fish and Chips und allerhand Finger Food. Der Britische Botschafter tritt mit seinen royalen und präsidialen Gästen auf den Balkon, stimmt zusammen mit allen 600 Gästen die beiden Nationalhymnen an und lässt den Bundespräsidenten und die Queen hochleben. Wohin man auch schaut, man sieht nur entspannte und glückliche Gesichter. Wir alle haben die Queen getroffen.

Die Queen hat einen besonderen Platz im Herzen der Deutschen

Die Queen ist die vielleicht globalste Figur auf unserem Planeten. Annähernd jedes Kind auf der Welt kennt sie. Sie ist länger im Amt als jeder Präsident und jeder Papst. Spätestens seit ihrem ersten Staatsbesuch in Deutschland, im Jahre 1965, hat sie auch einen besonderen Platz in den Herzen der Deutschen. Ihr Besuch, zwanzig Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, war das Symbol der Wiederaufnahme Deutschlands in den Kreis der zivilisierten Völker. Die Deutschen haben ihr diese Geste nie vergessen.

Vor etwa drei Wochen habe ich erfahren, dass ich ihr auf der Gartenparty aus Anlass ihres Geburtstages begegnen werde. In diesen drei Wochen hat sich mein Leben stark verändert. Von meinem Platz hinter der Kamera wurde ich in die Öffentlichkeit katapultiert.

Im Mai rief der Britische Botschafter in Deutschland die Deutschen dazu auf, ihm Landsleute zu vorzuschlagen, die sich im Besonderen um die Deutsch-Britischen Beziehungen bemühen würden. Zwei Kollegen schlugen mich und mein Projekt „Die Narbe“ vor. Das Multi-Story-Telling Projekt beschäftigt sich mit britischen und deutschen Soldatenschicksalen im 1. Weltkrieg, unter anderem mit der Geschichte meines Urgroßvaters, der eines Tages, im Frühling 1918 in Frankreich, zwischen den feindlichen Linien, auf einer Patrouille, einen britischen Soldaten trifft.

Die beiden Jungs wollten nicht sterben und sprangen gemeinsam in einen Granattrichter. Da sie sich nicht verständigen konnten, rauchten sie zusammen, und vielleicht zeigten sie sich Fotos ihrer Liebsten von Daheim. Als es dunkel wurde, schlichen beide wieder zurück zu ihren Stellungen. Am nächsten Morgen bekam mein Urgroßvater den Befehl zum Sturmangriff – er hat danach 56 Jahre geschwiegen, bis sein kleiner Urenkel ihn fragte, „Opa, warst Du eigentlich auch im Krieg?“ Das Projekt will dafür Verständnis schaffen, dass Leiden und Sterben nichts ist, was eine Seite im Krieg exklusiv hatte. Dem Botschafter gefiel das Projekt so sehr, dass er mich aus 1300 Nominierungen auswählte, ich sollte der Queen begegnen.

Das freie und demokratische Europa schuldet den Briten viel

Nach Bekanntgabe meines Namens durch die Botschaft, stand mein Telefon nicht mehr still. Über fünfzig Interviews habe ich seither gegeben, bin in Fernsehsendungen und Radioshows aufgetreten, habe mit Zeitungen, Zeitschriften und Internetplattformen gesprochen, über mein Projekt berichtet, darüber, warum mir das Verhältnis zu Großbritannien so wichtig ist und was es mir bedeutet, die Queen zu treffen.

In den vergangenen Wochen ist mir auch wieder sehr deutlich geworden, dass nicht nur wir Deutschen, sondern das freie und demokratische Europa den Briten viel mehr schuldet, als wir heute oft bereit sind zuzugestehen. Die Briten haben im Sommer 1940 über 366 Tage als einziges Bollwerk gegen Nazideutschland gestanden. Wenn sie das nicht getan hätten, dann hätte es später die Wahl zwischen Nationalsozialismus und Stalinismus gegeben.

Ich sage den Menschen deshalb, dass sie nicht so viel Brimborium darum machen sollen, ob Großbritannien nun ein besonders engagiertes EU-Mitglied ist. Sie sollten eher anerkennen, dass die Briten eine ganz wichtige Rolle in Europa spielen, auch spielen müssen – sie wollen das auch, nur vielleicht anders, als das von manchem in Europa gewünscht wird. Die Queen hat bei diesem Staatsbesuch ausdrücklich vor einer Spaltung Europas gewarnt. Ich hoffe, man hat diese Warnung gehört, in Europa und in Großbritannien. Wir brauchen einander.

In den 70ern verliebte ich mich auf der Stelle in Land und Leute

Ich habe Großbritannien lieben gelernt, als mein Onkel Ende der 1970er-Jahre Lehrer an der Deutschen Schule in London wurde. Es war eine Zeit vor der Globalisierung. Die Männer gingen in Nadelstreifenanzügen, mit Melone und Regenschirm zur Arbeit. Es gab nur britische Produkte zu kaufen. Es fuhren nur britische Autos durch die Straßen.

Es war der Beginn der Thatcher-Ära, das ganze Land wurde ständig bestreikt und alles stand still und an Sonntagen war alles geschlossen. Ich habe auf dunklen Hinterhöfen in Camden Town, für ein Britisches Pfund, meine erste Beatles-Platte gekauft, lange ehe hier der Massentourismus einsetzte. Für einen kleinen Jungen war das ein großes Abenteuer. Ich verliebte mich auf der Stelle in Land und Leute.

Die Queen hat um 20 Uhr ihr Geburtstagsfest längst verlassen. Nun löst sich die Feiergesellschaft langsam auf. Beseelt schlendern die Gäste der „Queens Birthday Garden Party“ zu ihren Autos oder machen sich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Von ihnen wird niemand diesen wunderbaren Sommerabend im Berliner Grunewald vergessen.

Dieser Besuch der Queen ist aller Voraussicht nach ihr letzter offizieller in Deutschland. Ich danke ihr ganz persönlich für das, was sie für uns Deutsche getan hat. Es war mir eine Ehre, ihr persönlich begegnen zu dürfen.

 

Die Welt

 

Weitere Veröffentlichungen zum Treffen von Martin U. K. Lengemann mit Queen Elisabeth 2.

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